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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 13 (1. Aprilheft 1920)
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Münchhausen, Börries von; Schumann, Wolfgang: Gegen und für die Volkshochschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0021

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wäre. Nicht möglich, weil die Geldmittel fehlen würden, nicht tnnlich,
weil auch die ernste Volkshochschularbeit noch im Zeitabschnitt des Ex--
perimentierens ist. Die Volkshochschule ist eine Bildungstätte, die sich
neben den bisher bekannten in alle Zukunft durch Iahrhunderte hin er-
halten wird, darf also eine verhältnismäßig lange Zeit zu Versuchen in
Anspruch nehmen. Für diesen Zeitabschnitt ist als „behürdlicher" Träger
oder Mitträger die Gemeinde, der Gemeindeverband, die Hochschule oder
der ernsthafte Verein dem schwer beweglichen und von unsachverständigem
Parlament abhängigen Staate gewiß vorzuziehen. Die Bürgschaft für
die Qualifikation der Lehrer, welche Herr von Münchhausen fordert, kann
auch von solchen Körperschaften übernommen werden.

Die Verschiedenheit der Vorbildung der Hörer ist sicherlich
ein Hindernis der raschen, der binnen kurzer Zeit erfolgreichen Arbeit in
der Volkshochschule. Das Gegenmittel aber, das Herr von Münchhausen zuletzt
unter Punkt 2 vorschlägt, kann das Hemmnis wohl nicht allein beseitigen
und dürfte auf der andern Seite leicht zu einer untunlichen Schemati-
sierung führen. Gerade in dieser Sache tun es Zeugnisse allein gewiß
nicht. Wohl aber sollte jede Volkshochschule eine Stelle einrichten, wo
die Begabung und Vorbildung der Hörer auf deren Wunsch geprüft und
wo ihnerr Rat über die Möglichkeiten ihrer Ausbildung erteilt wird. Auch
sollteu die Dozenten unter allen Umständen das Recht haben, die Aus-
lese ihrer Hörer selbst vorzunehmeu. Nicht rninder ist es selbstverständlich,
daß die Volkshochschule stufenweise aufgebaut werden muß und daß
sie den nicht genügend Vorgebildeten selbst Gelegenheit gibt, sich in der
Volkshochschule die notwendige Vorbildung anzueignen. Auch die Bil-
dung von Altersklassen kann und muß an Vielen Stellen erwogen werden.
Die Iugend im besonderen liebt es nicht, mit Älteren zusammen eine
Arbeitsgemeinschaft zu bilden. Nnd erst recht nicht die proletarische Iugend
mit älteren Angehörigen des „Mittelstandes", der übrigens als solcher
zu den vollberechtigten und willkommenen Hörern der Volkshochschule ge-
hört.

Ein „wilder V o r tr ag s be t r i e b", selbst wenn die Vorträge in
kleineren Folgen von sechs bis acht Abenden stattfinden, lohnt allerdings
weder die Anstrengung, noch die Begeisterung. Es ist auch sicherlich richtig,
daß die Volkshochschule nur dann ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie wohldurch-
dachte Lehrgänge ausarbeitet und diesen ihre ganze Kraft widmet. Ob
diese jedoch mit Prüfungen abschließen müssen, ob solche Prüfungen
ein geeignetes „Druckmittel" für die Hörerschaft sind, ob das Titel-
wesen der Sache dienen würde oder nicht, diese Fragen erscheinen heute
noch unlösbar. Gewiß spricht manches dafür, viel aber spricht auch da-
gegen. Vergessen wir nicht, daß sogar die Nniversität von sich aus Prü-
fungen und Titel niemandem aufzwingt. Aus gutem Grunde nicht. Die
Volkshochschule würde viele und willkommene Hörer verlieren, wenn sie
sich in ihrem Betriebe gar zu sehr dem Schematismus, der Handelsschule,
der Fortbildungsschule usw. angleicheu würde. Auch muß sie als junge
Einrichtung darauf sehn, neben den unbedingt wichtigen geschlossenen Lehr-
gängen werbende, wenn auch ihres Titels nicht unwürdige Veranstal-
tungen zu treffen. Neben den Vorträgen kommt jedoch nicht nur das Buch
als allerdings unerläßliches Bildungsmittel in Betracht, sondern vor allem
die Arbeitsgemeinschaft zwischen Dozenten und Hörerschaft. Ilnter keinen
Amständen kann die Volkshochschule mit bloßen Vorträgen, und seien

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